Briefe der Klara Schabrod

Bericht zur Frau­en­tags­ver­an­stal­tung 2025

Klara Tuch­sche­rer ist aktiv bei den „Kin­dern des Wider­stands“. Am Inter­na­tio­na­len Frau­en­tag 2025 berich­tet sie von ihrer Mut­ter Klara Schab­rod. Im Mit­tel­punkt steht der zehn­jäh­rige Brief­wech­sel Klara Schab­rods mit ihrem Ver­lob­ten Karl Schab­rod, der 1934 zu einer lebens­lan­gen Zucht­haus­strafe ver­ur­teilt wor­den ist. Die­ser Brief­wech­sel unter­liegt selbst­ver­ständ­lich der Zen­sur, aber lässt erken­nen, wie Kla­ras Liebe, ihre Besu­che und Briefe Karl hel­fen, mehr als zehn Jahre Haft­zeit zu über­ste­hen. Aber es wird auch der weib­li­che Rück­halt, der Fleiß, die Umsicht der Frauen deut­lich, auf die der anti­fa­schis­ti­sche Wider­stand bauen konnte.

Zeit­weise war Klara als Ver­tre­te­rin einer Tex­til­firma mit einem DKW, meis­tens aber mit zwei Mus­ter­kof­fern auf dem Fahr­rad unter­wegs. Im übri­gen hielt sie sich und ihren Sohn Kon­rad durch Schnei­der­ar­bei­ten über Wasser.

Die His­to­ri­ke­rin Mareen Heying hat zum Brief­wech­sel der bei­den Ver­lob­ten gear­bei­tet. Dar­aus ent­stand ihre Mas­ter­ar­beit und ein Buch über „All­tags­kon­struk­tio­nen einer Kom­mu­nis­tin in Brie­fen zur Zeit des deut­schen Faschis­mus“ (Bochum 2014). Flo­rence Hervé schreibt im Vor­wort: „Sol­cher Frauen wie Klara Schab­rod muss man geden­ken. Weil sie unan­ge­passt waren. Weil sie ihr Leben ris­kier­ten. Weil sie sich für eine fried­li­che Zukunft ein­setz­ten. Weil sie ein ande­res Deutsch­land­bild ver­mit­teln. Weil sie ein ande­res Frau­en­bild als das der gefü­gi­gen Haus­frau präg­ten: das der Freiheitskämpferin.“

Klara Tuch­sche­rer liest aus die­sem Buch. Sie zeigt einen Film aus der Düs­sel­dor­fer Mahn- und Gedenk­stätte mit einem Inter­view ihrer Mut­ter aus dem Jahr 1987.

Klara Schab­rod (* 18. Januar 1903 in Han­no­ver; † 28. März 1999 in Düs­sel­dorf) lebte seit 1927 in Düs­sel­dorf. Sie wurde Mit­glied der KPD und enga­gierte sich. Sie sorgte für die ein­schlä­gige Lite­ra­tur und trat für die Inter­es­sen der Frauen ein. In Stet­tin war sie ein hal­bes Jahr für den Ver­trieb de Arbei­ter-Illus­trierte-Zei­tung zustän­dig, kehrte aber im März 1932 nach Düs­sel­dorf zurück. Seit 1933 ist sie mit dem Tisch­ler Karl Schab­rod ver­lobt.
Karl Schab­rod (* 19. Okto­ber 1900 in Per­le­berg; † 31. März 1981 in Düs­sel­dorf) wird zusam­men mit vie­len Genos­sen am 28. Februar 1933, einen Tag nach dem Reichs­tags­brand, ver­haf­tet und spä­ter in das Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Bör­ger­moor gebracht. Dort im Mai 1934 ent­las­sen, kommt er schon im Juli 1934 erneut in Haft. Er wird zunächst in die berüch­tigte Stein­wa­che in Dort­mund ein­ge­lie­fert und hier kör­per­lich miss­han­delt. Die Anklage lau­tet: Hoch­ver­rat. Im Dezem­ber wird er ver­ur­teilt. Die Staats­an­walt­schaft hat die Todes­strafe bean­tragt. Das Urteil lau­tet indes auf lebens­läng­lich. Er kommt ins Zucht­haus Müns­ter. Im Mai 1945 wird er in Werl von den Ame­ri­ka­nern befreit. Erst am 26. Mai 1945 kön­nen Klara und Karl heiraten.

Am 20. April 1947 fand die erste Land­tags­wahl in Nord­rhein-West­fa­len statt und been­dete die Über­gangs­pe­ri­ode der Ernann­ten Land­tage. Karl Schab­rod fasste im Wahl­kampf die For­de­run­gen der KPD zusam­men: die zen­trale Pla­nung und Len­kung der Ernäh­rungs­wirt­schaft zur Bewäl­ti­gung der Hun­ger­krise, ein Volks­ent­scheid über die Auf­recht­erhal­tung oder den Fall der Zonen­gren­zen, die Ver­staat­li­chung des Koh­le­berg­baus und der übri­gen Grund­stoff­in­dus­trien, die Ent­eig­nung der Groß­bau­ern und die Zufüh­rung des Lan­des an Klein­bau­ern sowie die Lohn­gleich­stel­lung von Frauen.


Klara Tuch­sche­rer liest Briefe ihrer Eltern, Foto: DKP Köln

Die KPD erhielt knapp über 700.000 Stim­men, das ent­sprach einem Stim­men­an­teil von 14 Pro­zent. In drei Wahl­krei­sen konn­ten Direkt­man­date gewon­nen wer­den. Die KPD ver­fügte über 28 Sitze. Nach CDU und SPD war sie dritt­stärkste Kraft im Land­tag. Es wurde eine All­par­tei­en­re­gie­rung gebil­det. Neben Ver­kehrs­mi­nis­ter Heinz Ren­ner und Wie­der­auf­bau­mi­nis­ter Hugo Paul war Karl Schab­rod einer der bekann­tes­ten Kom­mu­nis­ten in NRW. Er lei­tete die Land­tags­frak­tion und war Mit­glied des Ver­fas­sungs­aus­schus­ses. (Vergl. René Leh­mann „Das poli­ti­sche Leben und Wir­ken des KPD/DKP-Poli­ti­kers Karl Schab­rod in der Bun­des­re­pu­blik“, Inau­gu­ral-Dis­ser­ta­tion, Düs­sel­dorf 2021, S. 47 ff.)

Der Lan­des­ver­fas­sung, die am 28. Juni 1950 in Kraft trat, merkt man die Zusam­men­ar­beit von Chris­ten, Sozi­al­de­mo­kra­ten und Kom­mu­nis­ten noch an.
So lau­tet der Erzie­hungs­auf­trag gemäß Arti­kel 7,1 der Landesverfassung:

Ehr­furcht vor Gott, Ach­tung vor der Würde des Men­schen und Bereit­schaft zum sozia­len Han­deln zu wecken, ist vor­nehms­tes Ziel der Erziehung.

Arti­kel 24,1 fordert:

Im Mit­tel­punkt des Wirt­schafts­le­bens steht das Wohl des Men­schen. Der Schutz sei­ner Arbeits­kraft hat den Vor­rang vor dem Schutz mate­ri­el­len Besit­zes. Jeder­mann hat ein Recht auf Arbeit.

Deut­lich ist auch der Arti­kel 27:

(1) Groß­be­triebe der Grund­stoff­in­dus­trie und Unter­neh­men, die wegen ihrer mono­pol­ar­ti­gen Stel­lung beson­dere Bedeu­tung haben, sol­len in Gemein­ei­gen­tum über­führt wer­den.
(2) Zusam­men­schlüsse, die ihre wirt­schaft­li­che Macht miss­brau­chen, sind zu verbieten.

Karl war auch im Düs­sel­dor­fer Stadt­rat enga­giert. Aber im August 1956 wurde die KPD ver­bo­ten. 1958 kan­di­diert Schab­rod als unab­hän­gi­ger Kan­di­dat für die Land­tags­wahl in Nord­rhein-West­fa­len. Das wird als Tätig­keit für die ver­bo­tene KPD gedeu­tet und mit neun Mona­ten Haft auf Bewäh­rung bestraft. Zur Bun­des­tags­wahl von 1961 tritt er als unab­hän­gi­ger Kan­di­dat an. Jetzt heißt der Straf­tat­be­stand „Geheim­bün­de­lei“. Der Pro­zess endet am 23. Juli 1962. Karl Schab­rod wird schul­dig gespro­chen. Das Straf­maß lau­tet: zwei Jahre Gefäng­nis, fünf Jahre Berufs­ver­bot als Jour­na­list sowie ein fünf­jäh­ri­ger Ent­zug des akti­ven und pas­si­ven Wahl­rechts. Wegen aku­ter Flucht­ge­fahr wird er ohne Ver­zug ins Gefäng­nis über­führt, 1963 bedingt frei­ge­las­sen. 1968 ist er Mit­be­grün­der der DKP und Mit­glied in deren Zen­tra­ler Revi­si­ons­kom­mis­sion.
In sei­nem Geburts­ort Per­le­berg ist Karl Schab­rod Ehren­bür­ger. Die dor­tige VVN-BdA sorgt dafür, dass er den Mit­bür­gern in Erin­ne­rung bleibt.


Klara Schab­rod kommt zu Wort im gezeig­ten Video­in­ter­view, Foto: DKP Köln


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Foto­al­bum zum Frau­en­tag 2025