Köln gegen TTIP

Demonstranten mit Transparent: »Kanzleien Luther & Freshfields: Private Richter für Konzerne! Stoppt TTIP/CETA und ihre Schiedsgerichte! no-ttip-koeln.de«.

Rat lehnt Freihandels­abkommen ab

Der Rat der Stadt Köln lehnte am 24. März in einer frak­ti­ons­über­grei­fen­den Reso­lu­tion die Frei­han­dels­ab­kom­men TTIP, TiSA und CETA ab. Unter dem Antrag fin­den sich die Unter­schrif­ten der Frak­ti­ons­ge­schäfts­füh­rer von CDU, SPD, Grüne, der Par­tei die Linke, den Pira­ten und »Deine Freunde«, ins­ge­samt von 79 der 90 Mit­glie­der des Stadt­rats. Der Beschluss ist ver­an­lasst durch einen Bür­ger­an­trag von Chris­tine Rei­ni­cke und ersetzt ihn.

»TTIP, CETA und TiSA müs­sen gestoppt wer­den. Nicht so, nicht mit uns«, begrün­dete Jörg van Geffen, wirt­schafts­po­li­ti­scher Spre­cher, die Hal­tung der SPD-Frak­tion. Er dankte dem Köl­ner Bünd­nis No-TTIP: »Das Bünd­nis hat mit viel Enga­ge­ment her­vor­ra­gende Arbeit geleis­tet und den Boden für eine starke Mehr­heits­po­si­tion geeb­net. Ich freue mich, dass die Köl­ner Bür­ge­rin­nen und Bür­ger sich gewis­sen­haft mit den Vor- und Nach­tei­len von Frei­han­dels­ab­kom­men aus­ein­an­der­set­zen, denn die Aus­wir­kun­gen wer­den nicht irgendwo in Europa spür­bar, son­dern betref­fen hier vor Ort, die kom­mu­nale Daseins­vor­sorge, die städ­ti­schen Gesell­schaf­ten und auch kleine und mit­tel­stän­di­sche Unternehmen.«

Auch CDU-Frak­ti­ons­chef Bernd Petel­kau war empört: »Dass wir kei­ner­lei Ein­fluss haben sol­len, kann nicht sein.« Sein Kol­lege von der FDP indes, Ulrich Breite, tadelte die CDU-Zustim­mung zur Reso­lu­tion als Abwei­chung von markt­wirt­schaft­li­chen Grundsätzen.

Banner, wie ein Ortseingangsschild: »Köln TTIP-freie Zone. Seit 24.03.2015 offiziell«.

Die Reso­lu­tion des Köl­ner Stadt­rats weist mit gro­ßer Mehr­heit die Markt­zu­gangs­ver­pflich­tun­gen in den Frei­han­dels­ab­kom­men zurück. CETA greife in die kom­mu­nale Daseins­vor­sorge ein. Das öffent­li­che Beschaf­fungs­we­sen dürfe nicht noch wei­ter ein­ge­schränkt wer­den. Der Köln Stadt­rat wen­det sich gegen die TTIP-Inves­ti­ti­ons­schutz­re­ge­lun­gen und die Schieds­ge­richte und will, dass die euro­päi­schen Sozial‑, Gesundheits‑, Ver­brau­cher- und Daten­schutz­re­ge­lun­gen sowie die Umwelt- und Lebens­mit­tel­stan­dards erhal­ten blei­ben. Der Beschluss for­dert »die Lan­des- und Bun­des­re­gie­rung sowie die Abge­ord­ne­ten der Land­tage, des Bun­des­tags und des Euro­päi­schen Par­la­ments auf, die Rati­fi­zie­rung von CETA und jedes wei­tere Abkom­men, das die in die­ser Erklä­rung dar­ge­leg­ten Maß­ga­ben nicht erfüllt, abzu­leh­nen, sowie den Stopp von Ver­hand­lun­gen zu den Abkom­men TTIP und TiSA zu ver­an­las­sen, solange diese essen­ti­el­len Bedin­gun­gen nicht erfüllt werden.«

Jörg Frank, Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der der Grü­nen monierte eben­falls das Feh­len von Trans­pa­renz und Öffent­lich­keit sowie der par­la­men­ta­ri­schen Betei­li­gung bei den Ver­hand­lun­gen. »Sie wer­den unter Aus­schluss der Öffent­lich­keit und der Par­la­mente geführt. Län­der und Kom­mu­nen wer­den kom­plett außen vor gelas­sen. Dies wider­spricht ele­men­ta­ren demo­kra­ti­schen und rechts­staat­li­chen Grund­sät­zen und Wer­ten.« Nach Heri­bert Prantl von der Süd­deut­schen sei TTIP ist ein Anschlag auf die par­la­men­ta­ri­sche Demokratie.

Jörg Det­jen, Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der der Par­tei die Linke im Köl­ner Stadt­rat, begann seine Rede mit einem Zitat aus dem Kom­mu­nis­ti­schen Mani­fest (»Das Bedürf­nis nach einem stets aus­ge­dehn­te­ren Absatz für ihre Pro­dukte jagt die Bour­geoi­sie über die ganze Erd­ku­gel. Über­all muss sie sich ein­nis­ten, über­all anbauen, über­all Ver­bin­dun­gen her­stel­len. Die Bour­geoi­sie hat durch ihre Explo­ita­tion des Welt­markts die Pro­duk­tion und Kon­sum­tion aller Län­der kos­mo­po­li­tisch gestal­tet. An die Stelle der alten loka­len und natio­na­len Selbst­ge­nüg­sam­keit und Abge­schlos­sen­heit tritt ein all­sei­ti­ger Ver­kehr, eine all­sei­tige Abhän­gig­keit der Natio­nen von­ein­an­der.«) und hob die Schutz­funk­tion der öffent­li­chen und kom­mu­na­len Wirt­schaft her­vor. Das CETA-Abkom­men defi­niere die Dienst­leis­tun­gen der kom­mu­na­len Daseins­vor­sorge als Inves­ti­tion. Durch diese Defi­ni­tion unter­lä­gen sie ande­ren Ver­pflich­tun­gen als nach dem EU-Recht. Durch die Wahl des Nega­tiv­lis­ten­an­sat­zes in CETA seien zahl­rei­che Berei­che der kom­mu­na­len Daseins­vor­sorge nicht geschützt. Dazu gehör­ten Gas, Strom, Fern­wärme, Bin­nen­hä­fen, öffent­li­che Beleuch­tung, Grün­flä­chen, Breit­band, Smart Grids [intel­li­gen­tes Strom­netz]. Das inter­na­tio­nale Kapi­tal suche welt­weit Anla­ge­mög­lich­kei­ten. Inter­na­tio­nale Kon­zerne wür­den sich in kom­mu­na­len Unter­neh­men ein­nis­ten, sie auf­sau­gen und zerstören.

Das Köl­ner Bünd­nis No-TTIP hatte noch am Vor­tag in einer Pres­se­kon­fe­renz, zu der sich auch die Spit­zen der Rats­frak­tio­nen bemüht hat­ten, das klare Nein zu CETA, TTIP und TiSA gefor­dert. Es freut sich über die­sen Erfolg. In den ver­gan­ge­nen Mona­ten war mit­tels Aktio­nen und Unter­schrif­ten­samm­lun­gen auf der Straße, in zahl­rei­chen Ver­an­stal­tun­gen und in Kon­fe­ren­zen der ört­li­chen Par­teien für den Bür­ger­an­trag gewor­ben worden.

Mitt­ler­weile haben 133 Städte und Gemein­den gegen die Frei­han­dels­ab­kom­men Beschlüsse fas­sen kön­nen – trotz juris­tisch ver­hüll­ter Ver­su­che, ihnen in die­ser Frage einen poli­ti­schen Maul­korb umzu­bin­den. Auch in Frank­reich und Öster­reich wächst der Wider­stand auf kom­mu­na­ler Ebene gegen CETA, TTIP und TiSA.

Text und Foto: Klaus Stein