Danke an die Bel­gi­schen Arbeiter!

Kom­men­tar zum Gene­ral­streik am 24. Juni in Belgien

Die bel­gi­sche Gesell­schaft, ins­be­son­dere die wal­lo­ni­sche, hat die Nase voll und sagt ‹Nein›! So ist es in etli­chen Zei­tun­gen und Wochen­zei­tun­gen in Bel­gien zu lesen. Das zeigt sich auch in der Ent­schei­dung zu einem lan­des­wei­ten Gene­ral­streik am 24. Juni. So kurz und knapp das ‹Nein› daher kommt, so schwie­rig gestal­tet es sich in der Praxis.

Das ‹Nein›, umge­setzt in einem Gene­ral­streik, bedeu­tet zunächst Lohn­ver­zicht für die Arbei­ter, denn das Streik­geld fällt gerin­ger aus als das Gehalt, wel­ches die Arbei­ter nor­ma­ler­weise erhal­ten. Es scheint sogar ris­kan­ter zu sein, einen Streik durch­zu­füh­ren, als ohne Pro­test ein­fach wei­ter­zu­ma­chen. Des­halb ist es wich­tig, sich genau dar­über im Kla­ren zu sein, wes­halb und woge­gen gestreikt wird. Es geht in die­sem Streik um das ‹Pee­ters-Gesetz›, wel­ches eine effek­tive Arbeits­zeit­ver­län­ge­rung vor­sieht. Ebenso ist eine Fle­xi­bi­li­sie­rung der Arbeits­zeit, unter dem Titel Jah­res­ar­beits­zeit vor­ge­se­hen, sowie die Erhö­hung des Renteneintrittsalters.

Die­ses neue Gesetz sieht eine Arbeits­zeit­er­hö­hung von 100 Stun­den oder umge­rech­net 12 Tagen pro Jahr vor und kann sogar effek­tiv zu einer Mehr­ar­beit im regio­na­len Rah­men von 360 Stun­den füh­ren. Es kann sogar soweit gehen, dass bei Bedarf 10 bis 11 Stun­den täg­lich gear­bei­tet wer­den müs­sen oder bei Kurz­ar­beit nur 5 Stun­den am Tag gear­bei­tet wer­den dür­fen. Aus­ge­han­delt wer­den soll das – ohne die Gewerk­schaf­ten – direkt mit dem Chef oder dem Lei­ter des Betrie­bes. Es ist unschwer sich vor­zu­stel­len, wer sich in so einer Aus­ein­an­der­set­zung durch­set­zen würde. Die vor­ge­se­hene Fle­xi­bi­li­sie­rung bedeu­tet wei­ter­hin, dass nicht mehr der Anfang und das Ende der Arbeits­zeit fest­ge­setzt wer­den, son­dern nur noch das poten­ti­elle Ende und der poten­ti­elle Anfang. Also: Keine ver­bind­li­chen Ver­ab­re­dun­gen mehr nach der Arbeit und beim Sport­ver­ein, kein Fit­ness- und kein Yoga­kurs, denn poten­ti­ell kann es auch län­ger dau­ern oder poten­ti­ell auch mal frü­her anfangen!

Und da wir im Kapi­ta­lis­mus leben, muss man auch bereits den nächs­ten Schritt mit­den­ken: Das eigene Arbeits­zeit­konto führt dazu, dass Zeit ange­sam­melt wird, die man dann als freie Zeit nut­zen kann – bis hier­her schön und gut! Irgend­wann wird man das Konto aber dazu nut­zen, dass jeder dadurch indi­vi­du­ell für seine eigene Arbeits­zeit und Frei­zeit ver­ant­wort­lich gemacht wird. Mit die­sem Schritt wird der bezahlte Urlaub und die Lohn­fort­zah­lung im Krank­heits­fall per­spek­ti­visch abgeschafft.

Die Erhö­hung der Arbeits­zeit würde wei­ter­hin ganz kon­kret bedeu­ten: Wenn 19 Arbei­ter jähr­lich 100 Stun­den mehr arbei­ten, ist der 20. Arbei­ter der neue Arbeits­lose. Das könnte man auch selbst sein! Das heißt 19 x 100 Stun­den jähr­lich ersetzt einen Arbei­ter.
Die Aus­wir­kun­gen des neuen Pee­ters-Geset­zes wären verheerend.

Des­halb: Danke an die Bel­gi­schen Arbei­ter, die für sich und für uns strei­ken, um zu ver­hin­dern, was heute ganz oben auf der Tages­ord­nung steht: der Arbeitsplatzabbau.

Chris­tine Rei­ni­cke, Mit­glied der PTB Liège und der DKP Köln