Ver­brei­tern Ver­bin­den Vertiefen

Das Pro­gramm unse­rer bel­gi­schen Bru­der­par­tei PTB/PVDA ist nun auch auf deutsch erschie­nen. Eine der bei­den Über­set­zer„ Chris­tine Rei­ni­cke, hat nun eine Rezen­sion ver­fasst, die im Fol­gen­den zu lesen ist.

Zuerst die Men­schen und nicht der Profit

Ver­brei­tern Ver­bin­den Ver­tie­fen – Soli­da­ri­täts­kon­gress 2015 – PTB/PVDA – les gens d’a­bord, pas le profit!

Das Pro­gramm der PTB/PVDA, ist nun auch auf Deutsch erschie­nen. Wie auch die Par­tei selbst, zeich­net sich die­ses Pro­gramm durch Leben­dig­keit aus: als reale poli­ti­sche Ein­schät­zung, sozio­lo­gi­sche Stu­die, Geschichts­buch und als Gesellschaftsentwurf. 

Die Genos­sin­nen und Genos­sen der Arbei­ter­par­tei haben sich die Auf­gabe gestellt, rele­vant für die Mit­men­schen zu sein, sie anzu­hö­ren, in ihre Arbeit ein­zu­be­zie­hen und ihre Wün­sche zu arti­ku­lie­ren. Der Begriff Men­schen wird nicht nebu­lös zur Kaschie­rung der Mino­ri­täts­in­ter­es­sen der Herr­schen­den benutzt; der Begriff Men­schen zeigt hier die Inten­tion, auf eine breite Bünd­nis­po­li­tik zu set­zen. Indem ein brei­tes gesell­schaft­li­ches Bünd­nis ange­strebt wird, ohne die mar­xis­ti­schen Prin­zi­pien auf­zu­ge­ben, wird selbst­kri­tisch die Geschichte der eige­nen Bewe­gung betrach­tet. Es wird auf­ge­zeigt, dass Wider­sprü­che inner­halb einer Par­tei nicht zur Selbst­auf­lö­sung füh­ren müs­sen, son­dern Motor für kon­krete und erfolg­rei­che Ver­än­de­rung sein kön­nen. In den Jah­ren von 2008 bis 2015 ver­grö­ßerte sich die Par­tei von 2885 auf über 10.000 Mit­glie­der. Das Pro­gramm bie­tet meh­rere Schlüs­sel für eine erfolg­rei­che Arbeit an, ohne zugleich die impli­zite Auf­for­de­rung zu ver­brei­ten, andere Par­teien mögen es der PTB gleich tun.

 

Die vier the­ma­ti­schen Schwer­punkte: Öko­no­mie, Frie­den, Demo­kra­ti­sche Rechte, Umwelt wer­den also jeweils unter his­to­ri­schen Gesichts­punk­ten und ent­spre­chen­den Aus­wir­kun­gen sowie mög­li­cher Aus­bli­cke analysiert.

Die öko­no­mi­schen Bedin­gun­gen und ihre Aus­wir­kun­gen auf die Men­schen seit dem 2. Welt­krieg bis heute, wie z.B. Spe­ku­la­tion, zuneh­mende Arbeits­lo­sig­keit, Mini­jobs, Spar­maß­nah­men mit ihren kata­stro­pha­len Aus­wir­kun­gen auf die Bevöl­ke­rung wer­den kri­ti­scher Betrach­tun­gen unter­zo­gen. Geschicht­li­che Ver­glei­che wer­den her­an­ge­zo­gen, um die extreme Umver­tei­lung von unten nach oben dar­zu­stel­len. Und immer wie­der wird mit Zah­len und Bei­spie­len auf die schrei­ende Unver­hält­nis­mä­ßig­keit der Ver­tei­lung des Reich­tums hin­ge­wie­sen: „Oxfam hat auf­ge­deckt, dass im Jahre 2016 1% der Reichs­ten mehr Ver­mö­gen besit­zen als 99% der rest­li­chen Bevöl­ke­rung. In der Geschichte der Homo sapi­ens, die mitt­ler­weile mehr als 100.000 Jahre dau­ert, hat es so etwas noch nie gege­ben. Die oberste Schicht der Rei­chen hat Indi­vi­duen geschaf­fen, deren per­sön­li­ches Pri­vat­ver­mö­gen 25 Mil­lio­nen Euro über­steigt: die Ultra Rei­chen. Die­ser Eli­te­klub besteht aus 200.000 Per­so­nen, oder kaum 0,004% der erwach­se­nen Welt­be­völ­ke­rung. Ihr Reich­tum ist in den letz­ten Jah­ren pro Jahr um mehr als 10% gestiegen.“

Das Pro­gramm bleibt aber nicht bei der Ana­lyse und Empö­rung ste­hen, son­dern ver­bin­det sie mit dem Ver­weis auf die Not­wen­dig­keit des poli­ti­schen Han­delns, dem Auf­zei­gen von Hand­lungs­mög­lich­kei­ten und dem Ziel einer sozia­lis­ti­schen Gesell­schaft. Damit erhält das Pro­gramm auch einen uto­pi­schen Cha­rak­ter. Aber nicht im Sinne von Nir­gendwo oder Uner­reich­bar­keit, son­dern im Sinne von gesell­schaft­li­chem Gegen­ent­wurf, vom Wunsch auf ein bes­se­res Leben. Damit schafft das gemein­schaft­li­che Pro­gramm etwas, dass momen­tan allent­hal­ben ziem­lich abhan­den gekom­men ist: Es schafft den Mut, sich für Ver­än­de­rung ein­zu­set­zen, es kre­iert die Vor­stel­lung von einem ande­ren Leben, und es erzeugt die Hoff­nung auf die­ses andere Leben, ohne die wir keine poli­ti­schen Akti­vi­tä­ten ent­fal­ten kön­nen. Und es deu­tet auch an, wie die Par­tei sich ändern sollte, um die­sen Her­aus­for­de­run­gen gerecht zu wer­den.
Das Pro­gramm stammt von nahezu allen Genos­sen der PTB/PVDA und wurde von vie­len ver­fasst. Ein wirk­li­ches Gemein­schafts­pro­dukt also und den­noch ein kohä­ren­ter Text und eine leben­dige Dar­stel­lung der Wirk­lich­keit. Zu bestel­len ist die­ses Pro­gramm bei: PTB-PVDA-shop, info@ptbshop.be – Bou­le­vard Lemon­nier 171, 1000 Bru­xel­les.
Chris­tine Reinicke