Bilfinger Berger soll zahlen!

Schaden: rund eine Milliarde Euro

Trümmer zwischen Häusern.

 

Vor fünf Jah­ren, am 3. März 2009, stürz­te das Köl­ner Stadt­ar­chiv ein. Ar­chiv­gut aus Hun­der­ten von Jah­ren lan­de­te in der U-Bahn-Bau­gru­be. Zwei jun­ge Män­ner ka­men um.

­­Müh­se­lig wer­den in den fol­gen­den Mo­na­ten und Jah­ren die Ar­chi­va­li­en aus der Gru­be ge­ret­tet. Vie­les geht ver­lo­ren.

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Am 10. März 2009, ei­ne Wo­che nach dem Un­glück, äu­ßert sich der Kreis­vor­stand der Köl­ner DKP:

­»Von den Bau­ar­bei­tern, die durch ih­re Um­sicht kurz vor dem Ein­sturz des Stadt­ar­chivs am ver­gan­ge­nen Diens­tag vie­le Men­schen vor dem Tod be­wahrt ha­ben, hört man gar nichts. Das ist be­mer­kens­wert. Die Grün­de da­für sind aber leicht zu er­ra­ten. Von ih­ren Un­ter­neh­men wer­den sie of­fen­bar zum Schwei­gen an­ge­hal­ten. Denn die sind dar­an in­ter­es­siert, die recht­li­chen Kon­se­quen­zen, vor al­lem aber ih­re Re­gress­pflich­ten nied­rig zu hal­ten.

­Auch über die Un­ter­neh­men, die am Bau der U-Bahn be­tei­ligt sind, wer­den auf­fäl­lig we­nig Wor­te ge­macht. Es han­delt sich beim Los Süd um ei­ne Ar­beits­ge­mein­schaft, die aus Bil­fin­ger Ber­ger, Weyss & Frey­tag so­wie Züb­lin be­steht.«

Auf un­se­rer Kreis­mit­glie­der­ver­samm­lung im Ok­to­ber 2012 er­gän­zen wir:

»Was ist in den ver­gan­ge­nen drei­ein­halb Jah­ren ge­sche­hen? Die Ar­bei­ten an der Ein­sturz­stel­le ha­ben bis­lang 30 Mil­lio­nen Eu­ro ver­schlun­gen. Wenn al­les nach Plan geht, wird im De­zem­ber mit dem Bau ei­nes so­ge­nann­ten Be­sich­ti­gungs­bau­wer­kes be­gon­nen, mit­tels des­sen die Ur­sa­chen für den Ar­chiv­ein­sturz er­grün­det wer­den sol­len. Die Ar­bei­ten kön­nen sich bis 2014 hin­zie­hen. Die Staats­an­walt­schaft ver­spricht Maß­nah­men, die den Ab­lauf von Ver­jäh­rungs­fris­ten ver­hin­dern sol­len. […] Die Bau­kon­zer­ne und ih­re Ma­na­ger müs­sen end­lich für den Scha­den auf­kom­men und straf­recht­lich zur Ver­ant­wor­tung ge­zo­gen wer­den.«

Wie­der ein Jahr spä­ter, im De­zem­ber 2013, zi­tiert die Stadt­teil­zei­tung der In­nen­stadt­grup­pe »De ru­de Pooz« den Ober­staats­an­walt Ul­rich Bre­mer: »Wir sind zu­ver­sicht­lich, in we­ni­gen Mo­na­ten kon­kre­te Be­schul­dig­te be­nen­nen zu kön­nen.« Er­mit­telt wird zu die­ser Zeit im­mer noch ge­gen Un­be­kannt we­gen des Ver­dachts der Bau­werks­ge­fähr­dung und fahr­läs­si­gen Tö­tung.

­We­gen der Ver­jäh­rungs­frist von fünf Jah­ren müs­sen Straf­ver­fah­ren bis zum 3. März 2014 er­öff­net sein. In Köln meh­ren sich die Stim­men, die be­sorgt sind, dass die Bau­kon­zer­ne und ih­re Ma­na­ger ge­schont wer­den.

­Mit­te Ja­nu­ar end­lich wer­den Ver­fah­ren ge­gen 89 Be­schul­dig­te ein­ge­lei­tet. Die Un­ter­su­chung rich­tet sich ge­gen Ver­ant­wort­li­che der Bau­fir­men, Sub­un­ter­neh­mer, Fach­pla­ner, Gut­ach­ter so­wie Mit­ar­bei­ter der Köl­ner Ver­kehrs-Be­trie­be als Bau­her­rin. Ge­gen­stand der Er­mitt­lun­gen ist auch die man­geln­de Bau­auf­sicht.

­Der Um­fang des Scha­dens be­trägt rund ei­ne Mil­li­ar­de Eu­ro. Am 23. Ja­nu­ar teilt die Köl­ni­sche Rund­schau mit, dass in Kür­ze die Be­weis­si­che­rung end­lich star­ten und im De­zem­ber ab­ge­schlos­sen sein kön­ne. Zahl­rei­che Schwie­rig­kei­ten hät­ten den Bau des Be­sich­ti­gungs­bau­werks ver­zö­gert. Jetzt wer­den zu­nächst die ers­ten 6,50 Me­ter Erd­reich ab­ge­bag­gert und acht gro­ße Stahl­rah­men ein­ge­legt. Sie die­nen da­zu, den Schacht aus­zu­stei­fen und die Schlitz­wand zu sta­bi­li­sie­ren. Tau­cher ent­fer­nen so­dann mit ei­ner Saug­pum­pe wei­te­re 6,50 Me­ter Erd­reich aus dem Schacht, schlie­ß­lich und ganz sach­te wei­te­re Erd­schich­ten. Es geht um Be­wei­se für die mut­ma­ß­li­che Haupt­ur­sa­che: ein Loch in der Schlitz­wand in 26 bis 28 Me­tern Tie­fe. Die Stel­le wer­de im Som­mer er­reicht. Durch das Loch sei per­ma­nent Was­ser in die Gru­be ge­flos­sen, das weg­ge­pumpt wor­den sei, aber mit ihm auch je­de Men­ge Er­de und Sand. Es ent­stand ein Hohl­raum un­ter dem Ar­chiv.

­Die ge­nann­ten Bau­kon­zer­ne hal­ten die­ses Sze­na­rio je­doch für aus­ge­schlos­sen. Sie ge­hen von ei­nem »hy­drau­li­schen Grund­bruch« aus. Das Was­ser sei von un­ten in die Bau­stel­le ein­ge­drun­gen. In dem Fall sei ih­nen kein Vor­wurf zu ma­chen.

Klaus Stein, 11. Februar 2014
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