Bericht über das Geden­ken in der Elsaßstraße

Der dritte März 1933 warnt

Eine bron­zene Gedenk­ta­fel in der Elsaß­straße (Süd­wand der Nr. 45) erin­nert seit 1985 an den Über­fall der SA auf die Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner der Elsaß­straße und an ihren Mut im Wider­stand gegen die Nazi­bar­ba­rei. Die SA hatte die Straße am 3. März 1933 gestürmt.
Es stimmt, hier waren die Kom­mu­nis­ten beson­ders stark. Zudem hat­ten die letz­ten Wah­len hat­ten die KPD gestärkt. Anläśs­lich der Reichs­tags­wah­len am 6. Novem­ber 1932 wähl­ten 24,5 Pro­zent der Köl­ne­rin­nen und Köl­ner die KPD. Reichs­weit hat­ten die Kom­mu­nis­ten an Stim­men gewon­nen und die Nazis ver­lo­ren.
Auf der Gegen­seite führte das zur Eile. Am 30. Januar 1933 wurde Hit­ler zum Reichs­kanz­ler ernannt. Zwei Tage spä­ter wurde der Reichs­tag auf­ge­löst und Neu­wah­len für den 5. März ange­setzt. Sogleich nahm der Stra­ßen­ter­ror Fahrt auf. Schon am 1. Februar musste die KPD-Zei­tung „Sozia­lis­ti­sche Repu­blik“, unter der Über­schrift „Nazi-Ter­ror in Köln – Feu­er­über­fall auf das Par­tei­büro in Mül­heim“ von Über­fäl­len auf Arbei­ter, Stra­ßen­pas­san­ten und Arbei­ter­lo­kale berich­ten. 80 SA-Leute hat­ten das Büro der KPD-Stadt­teil­lei­tung über­fal­len. Sie gaben Serien von Schüs­sen auf das Lokal ab. Genos­sen wur­den alar­miert, konn­ten den Über­fall abweh­ren und die Bande in die Flucht schlagen.

Auch ein Ver­kehrs­lo­kal des sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Reichs­ban­ners wurde an die­sem Tag über­fal­len. Die Nazis dran­gen in das Lokal ein. Wer nicht mit Heil Hit­ler ant­wor­tete, bekam einen Schlag ins Gesicht.
Sol­che Berichte stan­den im Februar täg­lich in den Köl­ner Arbei­ter­zei­tun­gen. Den bür­ger­li­chen Blät­tern indes­sen war das Thema Kar­ne­val wich­ti­ger. Aber die Anti­fa­schis­ten blie­ben aktiv, über­all wur­den Flug­blät­ter ver­teilt. Die KPD hatte zu die­ser Zeit etwa 5000 Mit­glie­der in Köln.
Am 20. Februar besetzte die Poli­zei Ver­kehrs­lo­kale und Büros der KPD in Sülz, Deutz, Mül­heim und Ehren­feld, führte bei Funk­tio­nä­ren Haus­su­chun­gen durch und beschlag­nahmte die „Sozia­lis­ti­sche Repu­blik“ bei den Stra­ßen­ver­käu­fern.
Am 22. Februar ernannte der neue Reichs­in­nen­mi­nis­ter Her­mann Göring die SA zur Hilfspolizei.

Der 27. Februar 1933 war Rosen­mon­tag. Abends wurde der Reichs­tag in Ber­lin in Brand gesetzt. Das hat­ten die Nazis selbst gemacht, sie beschul­dig­ten aber die Kom­mu­nis­ten. Noch in der der­sel­ben Nacht wur­den im gesam­ten Reichs­ge­biet an Hand von vor­be­rei­te­ten Lis­ten 10.000 Men­schen ver­haf­tet, vor­wie­gend Kom­mu­nis­ten, aber auch andere Linke. Bereits am 28. Februar 1933 wur­den mit der „Ver­ord­nung zum Schutz von Volk und Staat“ die Grund­rechte der Wei­ma­rer Ver­fas­sung außer Kraft gesetzt. Es folg­ten im März: Ermäch­ti­gungs­ge­setz, Ver­bote von Par­teien und Gewerk­schaf­ten, wei­tere Gleich­schal­tung.
Der Erste Welt­krieg war gerade mal 15 Jahre vor­bei und die Erin­ne­rung noch leben­dig. Aber das Land sollte „wehr­tüch­tig“ wer­den. Demo­kra­ten wur­den ein­ge­schüch­tert, Kriegs­geg­ner zum Ver­stum­men gebracht.
Tat­säch­lich war es sechs Jahre spä­ter wie­der so weit: Über­fall auf Polen, der nächste Welt­krieg begann. Er endete nach wei­te­ren sechs Jah­ren mit 65 Mil­lio­nen Toten.
Der Ter­ror der Nazis hatte das Ziel, die Deut­schen wie­der kriegs­be­reit zu machen. Darum ging es auch bei der Stür­mung der Elsaß­straße am 3. März 1933.
Bis zu die­sem Zeit­punkt hat­ten das die Nazis noch nicht wagen kön­nen. Das sollte anders wer­den. Und hier in der Elsaß­straße war es gegen 19.00 Uhr soweit. Die brau­nen Kohor­ten wur­den mit Fla­schen und Blu­men­töp­fen emp­fan­gen. Legen­där sind die Nudel­rol­len, Nacht­töpfe und Müll­ton­nen, mit denen sie von oben ein­ge­deckt wur­den. Der Künst­ler Klaus Paier hat ein paar Häu­ser wei­ter auf der Wand des Bun­kers, Haus­num­mer 42, diese Ereig­nisse wie­der­ge­ge­ben. Das war 1990 bei Gele­gen­heit eines Som­mer­fes­tes der Südstadt-SPD.


Das denk­mal­ge­schützte Graf­fito von Klaus Paier am ehe­ma­li­gen Hoch­bun­ker in der Elsaß­straße. Foto: DKP Köln

Die Elsaß­straße wehrte sich. Die Nazis muss­ten sich zurück­zie­hen. Aber sie kamen mit Poli­zei­be­glei­tung zurück. Jetzt wurde aus Kara­bi­nern und Pis­to­len gefeu­ert. Aber es kamen auch grö­ßere Kali­ber zum Ein­satz. Heute noch sind oben an der Wand des Hau­ses Nr. 45 die faust­gro­ßen Ein­schüsse zu sehen. Die Poli­zei sperrte das ganze Vier­tel ab, durch­kämmte die Woh­nun­gen und führte schließ­lich bis 23.00 Uhr etwa 70 Per­so­nen ab. Drei Tage lang durfte nie­mand die Woh­nung verlassen.

Im Jahr 2013 tra­fen sich in der Elsaß­straße anläß­lich des acht­zigs­ten Jah­res­tags einige hun­dert Men­schen. Eine Kund­ge­bung erin­nerte an die Ereig­nisse 80 Jahre zuvor.

Jedes Jahr um den 3. März herum erin­nert auch die DKP-Gruppe Köln Innen­stadt an die Schlacht in der Elsaß­straße und den Mut der Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner. Zuvor machen wir mit Flug­blät­tern dar­auf auf­merk­sam. So auch am 8. März 2025 – noch vor unse­rer Frau­en­tags­ver­an­stal­tung. In die­sem Jahr wird die Rede des OB-Kan­di­da­ten Bene­dict Kolbe vor­ge­tra­gen. Wal­ter Steh­ling schil­dert die sei­ner­zei­ti­gen Ereig­nisse. Die Bron­ze­ta­fel ist mit einem Strauß Nel­ken verziert.

Klaus


Zum Bericht als PDF

Rede von B. Kolbe zu den Ereig­nis­sen in der Elsaßstraße

Rede von W. Stehling

Wei­tere Bil­der des Geden­kens in der Elsaß­straße vom 8. März 2025