Refe­rat zur wach­sen­den Kriegs­ge­fahr und zum Friedenskampf

Der dro­hende Atomkrieg

Hiro­shima und Nagasaki

300.000 Japa­ne­rin­nen und Japa­ner, die zivile Bevöl­ke­rung zweier Groß­städte, wur­den im August 1945 gna­den­los durch Atom­bom­ben umge­bracht, um der UdSSR, dem Land, das die größ­ten Opfer bei der Nie­d­er­rin­gung des faschis­ti­schen Deutsch­land gebracht hatte, die mili­tä­ri­sche Über­le­gen­heit der USA zu demons­trie­ren. US-Prä­si­dent Tru­man drückte es so aus:

„Wenn die so explo­diert, wie ich mir das vor­stelle, habe ich mit Sicher­heit einen Ham­mer gegen diese Jungs.“

Ein­däm­mung

Im Juni 1945 ist die UNO gegrün­det wor­den (Arti­kel 1 der Charta, Haupt­auf­ga­ben der UNO: die Wah­rung des Welt­frie­dens und der inter­na­tio­na­len Sicher­heit). Im Okto­ber sind ihr Groß­bri­tan­nien und die USA bei­getre­ten. Aber gemäß einem Spruch, der Chur­chill nach­ge­sagt wird („wir haben das fal­sche Schwein geschlach­tet“), lag schon im Dezem­ber 1945 ein Kriegs­plan gegen die UdSSR parat, die „Ope­ra­tion Tota­lity“ (JIC 3291). Die­ser Plan sah für den Fall eines sowje­ti­schen Angriffs den Abwurf von 30 Atom­bom­ben auf 20 sowje­ti­sche Städte vor, unter ande­rem auf Mos­kau und Lenin­grad. Drei Jahre spä­ter hatte der Plan noch an Umfang gewon­nen. Nun sah er vor, 133 Atom­bom­ben auf sowje­ti­sche Städte zu wer­fen.
Ange­sichts des­sen beschleu­nigte die Sowjet­union ihrer­seits ihr Atom­pro­gramm. Am 29. August 1949 war es soweit. Bis dahin war die USA zwar mili­tä­risch über­le­gen. Aber ein Krieg gegen die Sowjet­union, der Ver­bün­de­ten in der Anti-Hit­ler-Koali­tion, war zuvor poli­tisch undenk­bar gewe­sen. Denn die Welt hatte den Krieg satt, freute sich am Sieg über den Faschis­mus und ach­tete die Rote Armee als die­je­nige, die die Haupt­last des Krie­ges getra­gen hatte.
Aber die ideo­lo­gi­schen Appa­rate arbei­te­ten wirk­sam daran, anti­fa­schis­ti­sche Mas­sen­ein­stel­lun­gen in anti­kom­mu­nis­ti­sche umzu­keh­ren. Stich­wort McCar­thy.
US-Prä­si­dent Tru­man ver­kün­dete am 12. März 1947 im Kon­gress die Eindämmungs­po­li­tik („Con­tain­ment policy“) gegen die Sowjet­union. Der Kampf­be­griff Ein­däm­mungs­po­li­tik unter­stellt eine Flut oder sonst einen mas­sen­haf­ten Drang, der ein­ge­dämmt wer­den müsse. Von der Sowjet­union ging sicher keine Kriegs­ge­fahr aus. Ein Export der Revo­lu­tion wider­sprach der leni­nis­ti­schen Außen­po­li­tik. Ohne­hin war die UdSSR mit Wie­der­auf­bau aus­ge­las­tet – anders als die USA. Deren Fabri­ken waren unbe­schä­digt, die enor­men Kriegs­ge­winne ver­lang­ten nach pro­fi­ta­blen Anla­ge­mög­lich­kei­ten. Auf­rüs­tung, Mar­shall­plan und Wie­der­auf­bau boten davon reichlich.

Euro­päi­sche Union

Am 7. Mai 1948 tagte erst­ma­lig die Eu­ropean Con­fe­rence on Fe­de­ra­ti­on in Den Haag. Als eine Keim­zelle der Euro­päi­schen Union (EU) gilt die Mon­tan­union, die am 18. April 1951 aus der Taufe geho­ben wor­den ist.

Grün­dung der NATO

Schon am 4. April 1949 ist der Nord­at­lan­tik­pakt geschlos­sen wor­den. Bekannt­lich wurde Deutsch­land dem Pots­da­mer Abkom­men zum Trotz geteilt. Aus den West­zo­nen wurde am 23. Mai 1949 die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Hier gel­ten die alten Eigen­tums­ver­hält­nisse. Die DDR ent­stand fünf Monate spä­ter, am 7. Okto­ber 1949.
John Fos­ter Dul­les, unter Eisen­hower US-Außen­mi­nis­ter (1953−1959), wollte mehr als Ein­däm­mungs­po­li­tik. Er wollte das Roll­back. Also die Fähig­keit und Bereit­schaft, den Ein­fluss des UdSSR und des sich ent­wi­ckeln­den rea­len Sozia­lis­mus mit allen mili­tä­ri­schen, wirt­schaft­li­chen, poli­ti­schen und kul­tu­rel­len Mit­teln zurück­zu­drän­gen. Es ging alle­mal um die Her­stel­lung von Kriegs­tüch­tig­keit. Am 5. Mai 1955 trat die BRD der NATO bei, kurz danach orga­ni­sier­ten sich die War­schauer Ver­trags-Staa­ten.
Bekannt­lich hat der Impe­ria­lis­mus 198990 den Kal­ten Krieg gewon­nen und sei­nen Sieg unver­züg­lich dazu genutzt, seine öko­no­mi­schen und mili­tä­ri­schen Posi­tio­nen auf dem gesam­ten Glo­bus auszubauen.

Ost­erwei­te­rung

Am 1. Mai 2004 wur­den zehn Län­der in die EU auf­ge­nom­men: Est­land, Lett­land, Litauen, Malta, Polen, Slo­wa­kei, Slo­we­nien, Tsche­chien, Ungarn und Zypern. Es folgte drei Jahre spä­ter die zweite Ost­erwei­tung mit Bul­ga­rien und Rumä­nien.
Par­al­lel dazu waren am 12. März 1999 Polen, Tsche­chien, Ungarn in die NATO inte­griert wor­den, es folg­ten am 29. März 2004 Bul­ga­rien, Rumä­nien und die Slo­wa­kei, gleich­zei­tig mit den vor­ma­lig sowje­ti­schen Repu­bli­ken Est­land, Lett­land, Litauen. Vor Auf­nahme von jugo­sla­wi­schen Teil­re­pu­bli­ken muss­ten Kriege geführt wer­den. Seit dem 29. März 2004 gehört Slo­we­nien zur NATO. Am 1. April 2009 waren Alba­nien und Kroa­tien an der Reihe, am 5. Juni 2017 Mon­te­ne­gro und am 27. März 2020 Nord­ma­ze­do­nien.
Schließ­lich wur­den mit Finn­land (am 4. April 2023) und Schwe­den (7. März 2024) zwei wei­tere Nach­barn Russ­lands aufgenommen.

Nika­ra­gua und Völkerrecht

Nach dem Sieg der San­di­nis­ten im Juli 1979 wur­den kon­ter­re­vo­lu­tio­näre Kräfte, soge­nannte Con­tras, durch die USA mit Waf­fen und Geld ver­sorgt. Nika­ra­gua hat auf die Ter­ror­an­griffe selbst­ver­ständ­lich nicht mit Bom­ben auf Washing­ton geant­wor­tet, son­dern mit­tels Klage vor dem zustän­di­gen Welt­ge­richts­hof in Den Haag. Zwar erklär­ten die USA das Gericht für nicht zustän­dig. Der Welt­ge­richts­hof akzep­tierte aber die Beschwerde der nika­ra­gua­ni­schen Regie­rung und ver­ur­teilte die „unrecht­mä­ßige Anwen­dung von Gewalt“– was ein ande­res Wort für inter­na­tio­na­len Ter­ro­ris­mus ist – durch die Ver­ei­nig­ten Staa­ten. Der Welt­ge­richts­hof wies die USA an, das Ver­bre­chen zu been­den und mas­sive Repa­ra­tio­nen zu leis­ten. Die USA wie­sen die Ent­schei­dung des Gerichts zurück und ver­kün­de­ten: Von nun an erken­nen wir die Recht­spre­chung des Gerichts­ho­fes nicht mehr an. Dar­auf­hin wandte sich Nika­ra­gua an den UN-Sicher­heits­rat, der eine Reso­lu­tion erwog, die alle Staa­ten dazu auf­rief, die inter­na­tio­na­len Gesetze zu befol­gen. Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten leg­ten ihr Veto gegen die Reso­lu­tion ein.
Als nächs­tes wandte sich Nika­ra­gua an die Voll­ver­samm­lung der Ver­ein­ten Natio­nen. Zuletzt stan­den zwei Stim­men, näm­lich allein die von USA und Israel, gegen die Reso­lu­tion, die zur Befol­gung des Völ­ker­rech­tes ermahnte. An die­sem Punkt hatte Nika­ra­gua keine wei­te­ren gesetz­li­chen Mög­lich­kei­ten mehr. Die Regeln des Völ­ker­rechts, so poli­tisch hilf­reich und erhel­lend sie zur nach­träg­li­chen Bewer­tung von Kon­flik­ten sein mögen, eig­nen sich bis heute kaum dazu, Kriege zu ver­hin­dern und beizulegen.

Jugo­sla­wien und Völkerrecht

Der Krieg gegen Jugo­sla­wien begann schon mit der staat­li­chen Aner­ken­nung der Teil­re­pu­blik Kroa­tien am 18. Dezem­ber 1991 durch die bun­des­deut­sche Regie­rung. Es folgte am 23. Dezem­ber die Aner­ken­nung Slo­we­ni­ens, am 6. April 1992 Bos­nien-Her­ze­go­wi­nas. So wurde ein lang andau­ern­der Sezes­si­on­krieg aus­ge­löst. Das Day­to­ner Abkom­men vom 14. Dezem­ber 1995 teilte Bos­nien-Her­ze­go­wina in Teil­re­pu­bli­ken auf. Über­wacht wurde die Auf­tei­lung durch die von der NATO geführte, 63.000 Mann starke IFOR-Streit­macht. Die Bun­des­wehr betei­ligte sich mit 4.000 Sol­da­ten.
Auf Initia­tive der soge­nann­ten Bal­kan-Kon­takt­gruppe, vor­wie­gend Ver­tre­ter von NATO-Län­dern – Jel­zins Russ­land war aber auch dabei – began­nen am 6. Februar 1999 im Schloss Ram­bouil­let bei Paris Ver­hand­lun­gen über einen Frie­dens­ver­trag zwi­schen der jugo­sla­wi­schen Regie­rung und Ver­tre­tern der sepa­ra­tis­ti­schen Ter­ror­or­ga­ni­sa­tion UÇK.
Der erste Ver­trags­ent­wurf gefiel der UÇK nicht, der zweite ent­hielt für Jugo­sla­wien eine voll­stän­dige Kapi­tu­la­tion und sah die Sta­tio­nie­rung von 28.000 NATO-Sol­da­ten vor, die zudem noch von Jugo­sla­wien („mit allen ange­mes­se­nen Mit­teln und mit Prio­ri­tät“) bezahlt wer­den soll­ten. Arti­kel 8 ver­langte bei­spiels­weise: „Das Nato-Per­so­nal soll sich mit­samt sei­ner Fahr­zeuge, Schiffe, Flug­zeuge und Aus­rüs­tung inner­halb der gesam­ten Bun­des­re­pu­blik Jugo­sla­wien inklu­sive ihres Luft­rau­mes und ihrer Ter­ri­to­ri­al­ge­wäs­ser frei und unge­hin­dert sowie ohne Zugangs­be­schrän­kun­gen bewe­gen kön­nen. Das schließt ein – ist aber nicht begrenzt auf – das Recht zur Errich­tung von Lagern, die Durch­füh­rung von Manö­vern und das Recht auf die Nut­zung sämt­li­cher Regio­nen oder Ein­rich­tun­gen, die benö­tigt wer­den für Nach­schub, Trai­ning und Fel­d­ope­ra­tio­nen.“
Her­mann Scheer, SPD-MdB, der den Text ver­öf­fent­lichte – wir hät­ten sonst nicht davon erfah­ren -, sagte dazu: „Es war unrich­tig von der Bun­des­re­gie­rung, zu glau­ben und dem Par­la­ment und der Öffent­lich­keit zu sug­ge­rie­ren, die­ser Ver­trag hätte von Bel­grad jemals unter­schrie­ben wer­den kön­nen.«
Der rest­ju­go­sla­wi­schen Regie­rung wurde ein Ulti­ma­tum gesetzt. Es ver­strich und diente der NATO als Begrün­dung für die am 24. März 1999 begon­nene Bom­bar­die­rung. Sie endete im Juni 1999. Zer­trüm­mert wur­den im Laufe des Krie­ges 60 Brü­cken, 19 Bahn­höfe, 13 Flug­hä­fen, 480 Schul­ob­jekte, 365 Klös­ter, Kir­chen, Kul­tur- und his­to­ri­sche Gedenk­stät­ten, dar­un­ter der Park des Geden­kens an die im Zwei­ten Welt­krieg von der deut­schen Wehr­macht erschos­se­nen 7.000 jugo­sla­wi­schen Bür­ger. Zer­stört oder beschä­digt wur­den 110 Kran­ken­häu­ser. In Schutt und Asche gelegt sind 121 Indus­trie­be­triebe, in denen 600.000 Jugo­sla­wen in Arbeit stan­den. Rund 2,5 Mil­lio­nen Men­schen ver­lo­ren damit ihre Exis­tenz­grund­lage. Über 2.500 Men­schen wur­den getö­tet, mehr als 10.000 ver­letzt. Drei­ßig Pro­zent aller Getö­te­ten und vier­zig Pro­zent der Ver­stüm­mel­ten und Ver­letz­ten waren Kin­der. Es würde den Umfang die­ses Vor­trags spren­gen, wei­tere völ­ker­rechts­wid­rige Maß­nah­men von NATO-Staa­ten auf­zu­zäh­len. Erin­nert sei nur an die Kriege gegen Irak, Libyen, Afgha­ni­stan, Soma­lia und den Iran.

Rüs­tungs­be­schrän­kung und Abrüstungsverträge

Auch das Fol­gende muss lücken­haft blei­ben. Es geht um die ein­sei­tige Kün­di­gung von Abrüstungs‑, bzw. Rüs­tungs­be­schrän­kungs­ab­kom­men, nament­lich mit der UdSSR, bzw. Russlands.

- ABM
Der ABM-Ver­trag (Ver­trag über die Begren­zung von anti­bal­lis­ti­schen Rake­ten­ab­wehr­sys­te­men). Er ist am 28. Mai 1972 mit unbe­fris­te­ter Gül­tig­keit abge­schlos­sen wor­den. Am 13. Juni 2002 tra­ten die USA ein­sei­tig vom Ver­trag zurück.

- INF
Der INF-Ver­trag betraf ein Bün­del bila­te­ra­ler Ver­träge und Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen den USA und der UdSSR bzw. Russ­land über die Ver­nich­tung aller boden­ge­stütz­ten Nukle­ar­ra­ke­ten mit mitt­le­rer und kür­ze­rer Reich­weite (zwi­schen 500 und 5.500 Kilo­me­ter). Der Ver­trag wurde am 8. Dezem­ber 1987 anläss­lich des Gip­fel­tref­fens von Washing­ton unter­zeich­net. Er galt auf unbe­schränkte Dauer. Am 1. Februar 2019 stie­gen die USA aus dem INF-Ver­trag aus.
Von nuklea­rer Abrüs­tung ist 80 Jahre nach Hiro­shima und Naga­saki nicht mehr die Rede.

Ver­wi­schung der Grenze zwi­schen Krieg und Frie­den
Im Weiß­buch der Bun­des­wehr vom Juli 2016 wird Russ­land erst­mals als mili­tä­ri­scher Geg­ner der Bun­des­wehr mar­kiert. Der Text hält sich an das Motto: Hal­tet den Dieb! Zitat: „Die Krise in der und um die Ukraine ist kon­kre­ter Nie­der­schlag einer lang­fris­ti­gen innen- und außen­po­li­ti­schen Ent­wick­lung. Russ­land wen­det sich dabei von einer engen Part­ner­schaft mit dem Wes­ten ab und betont stra­te­gi­sche Riva­li­tät. Inter­na­tio­nal prä­sen­tiert sich Russ­land als eigen­stän­di­ges Gra­vi­ta­ti­ons­zen­trum mit glo­ba­lem Anspruch. Hierzu gehört auch eine Erhö­hung rus­si­scher mili­tä­ri­scher Akti­vi­tä­ten an den Außen­gren­zen von Euro­päi­scher Union (EU) und Nord­at­lan­ti­scher Alli­anz (NATO). Im Zuge einer umfas­sen­den Moder­ni­sie­rung sei­ner Streit­kräfte scheint Russ­land bereit, an die Gren­zen bestehen­der völ­ker­ver­trag­li­cher Ver­pflich­tun­gen zu gehen. Der zuneh­mende Ein­satz hybri­der Instru­mente zur geziel­ten Ver­wi­schung der Grenze zwi­schen Krieg und Frie­den schafft Unsi­cher­heit in Bezug auf rus­si­sche Ziele. Dies erfor­dert Ant­wor­ten der betrof­fe­nen Staa­ten, aber auch von EU und NATO.“ (S. 32).

KZV

Wenige Wochen spä­ter ver­öf­fent­lichte das Innen­mi­nis­te­rium eine „Kon­zep­tion Zivile Ver­tei­di­gung“ (KZV). Dar­über berich­tete die Köl­ni­sche Rund­schau am 23. August 2016 unter der Über­schrift „Bund berei­tet Bevöl­ke­rung auf den Kriegs­fall vor“: „Es ist har­ter Stoff, mit dem die Bun­des­re­gie­rung die Bevöl­ke­rung in die­ser Woche kon­fron­tiert. Denn den meis­ten Men­schen hier­zu­lande dürf­ten trotz aller alar­mie­ren­den Berichte die glo­ba­len Kri­sen doch hin­rei­chend weit ent­fernt erschei­nen, um dar­aus keine Kriegs­ge­fahr für Deutsch­land abzu­lei­ten. Nun aber legt die Bun­des­re­gie­rung mit der bis­her ver­trau­li­chen ‹Kon­zep­tion Zivile Ver­tei­di­gung› einen Plan vor, des­sen Ent­wurf die­ser Zei­tung vor­liegt und der alle Mög­lich­kei­ten krie­ge­ri­scher Angriffe durch­spielt, die man sich vor­stel­len kann: von der ato­ma­ren Bedro­hung über einen bio­lo­gi­schen oder che­mi­schen Angriff bis hin zu einem Cyber­an­griff auf kri­ti­sche Infra­struk­tur wie die Was­ser- oder Stromversorgung.“

Der Mai­dan

Im Novem­ber 2013 hatte die ukrai­ni­sche Regie­rung den Mut, das Asso­zia­ti­ons­ab­kom­men mit der EU abzu­leh­nen. Dar­auf­hin kam es zu gewalt­sa­men Tumul­ten auf dem Mai­dan. Dort über­wog faschis­ti­sche Sym­bo­lik: Bil­der von Ste­pan Ban­dera, Wolfs­an­geln, Drei­za­cke, Fah­nen der Orga­ni­sa­tion Ukrai­ni­scher Natio­na­lis­ten (OUN). Aber Janu­ko­witsch und Ver­tre­ter der Oppo­si­tion unter­zeich­ne­ten am 21. Februar 2014 eine Über­ein­kunft über die fried­li­che Lösung der Krise. Das Papier war mit Stein­meier, sei­ner­zeit deut­scher Außen­mi­nis­ter, Sikor­ski (Polen) und Fabius (Frank­reich) abge­spro­chen und von ihnen mit einer Garan­tie ver­se­hen wor­den.
Aber offen­bar passte das den USA nicht. Es folgte ein Rechts­putsch, der von den USA (Vic­to­ria Nuland: „Fuck the EU“) orches­triert wurde. Am Sams­tag, den 22. Februar, stürmte der „rechte Sek­tor“ das Par­la­ment. Am fol­gen­den Mon­tag berich­tete die „junge Welt“ (jW): Kampf­grup­pen des „Rech­ten Blocks“ und der „Selbst­ver­tei­di­gung“ des Mai­dan hät­ten am Frei­tag die Kon­trolle über die Haupt­stadt Kiew über­nom­men. Da die Poli­zei ihre Arbeit offen­bar ein­ge­stellt hat, patrouil­lie­ren die Faschis­ten durch die Stra­ßen und kon­trol­lie­ren die Flug­hä­fen. Witali Klit­schko erklärte, die Kämp­fer des „Rech­ten Blocks“ seien der­zeit die ein­zi­gen, die für Ord­nung sor­gen könn­ten. Eine neue Poli­zei müsse erst auf­ge­baut wer­den.
Rein­hard Lau­ter­bach von der jW berich­tet von einem har­ten natio­na­lis­ti­schen Kurs der neuen Mehr­heit im Par­la­ment. Am Sonn­tag, den 23. Februar, wird das Sprach­ge­setz gekippt, das den rus­sisch­spra­chi­gen Ukrai­nern den öffent­li­chen Gebrauch ihrer Spra­che gewährt hatte. Der „Rechte Block“ erklärt höh­nisch, er habe nichts gegen die Rus­sen und Rus­sisch­spra­chi­gen, solange sie die ukrai­ni­sche natio­nale Revo­lu­tion unter­stüt­zen und das Recht der Ukrai­ner aner­ken­nen, Her­ren im eige­nen Haus zu sein. Im gan­zen Land wer­den meh­rere Dut­zend Lenin­denk­mä­ler und Denk­mä­ler für den Sieg der Sowjet­ar­mee im Zwei­ten Welt­krieg gestürzt. In Char­kiw ver­tei­di­gen Bür­ge­rin­nen und Bür­ger die ört­li­che Lenin-Sta­tue gegen Mai­dan-Akti­vis­ten.
Am 27. Februar 2014 wird Jazen­juk mit Unter­stüt­zung von „infor­mel­len“ (Wiki­pe­dia) Grup­pen des Mai­dan zum Minis­ter­prä­si­den­ten einer Über­gangs­re­gie­rung ernannt. Wiki­pe­dia cha­rak­te­ri­siert den Putsch: „Die Wahl war nicht in Über­ein­stim­mung mit der ukrai­ni­schen Ver­fas­sung“. „Die Finan­cial Times bezeich­net Jazen­juk als Favo­ri­ten der Ame­ri­ka­ner.“
Es ist leicht zu ver­ste­hen, dass über­wie­gend rus­sisch­spra­chige Lan­des­teile des Don­bass und der Krim mit dem Putsch und den fol­gen­den Vor­gän­gen nicht ein­ver­stan­den waren. Sie hat­ten die Ver­fas­sung auf ihrer Seite.

Krieg gegen den Donbass

Es war nicht allein das Sprach­ge­setz, das die rus­sisch­spra­chi­gen Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner gegen die neue Macht mobi­li­sierte. In meh­re­ren Städ­ten der Ost- und Süd­ukraine ging die Bevöl­ke­rung auf die Straße. In Char­kiw gelang es 5.000 Demons­tran­ten, Anhän­ger des „Euro­mai­dan“ aus den staat­li­chen Ver­wal­tungs­ge­bäu­den zu jagen.
Die Pro­teste mün­de­ten in der Pro­kla­ma­tion der Volk­re­pu­blik Donezk am 7. April und der Volk­re­pu­blik Lugansk am 27. April 2014. Kiew rief den Anti-Ter­ror-Kampf aus und schickte gegen die Volk­mi­li­zen unter ande­rem das Asow-Batail­lon an die Front. Die Sprach­re­ge­lung bei uns: Im Don­bass wer­den pro­rus­si­sche Sepa­ra­tis­ten bekämpft.
Wir erin­nern uns an die Ereig­nisse in Odessa am 2. Mai 2014, als 48 Putsch­geg­ner im Gewerk­schafts­haus ver­brann­ten. Jus­tiz wurde nicht tätig. Bei uns wurde die­ses Ereig­nis ver­schwie­gen.
Am 12. Mai 2014 las man in der jun­gen Welt (jW): Letzte Woche hat die Ukraine die erste Tran­che eines Kre­dits des Inter­na­tio­na­len Wäh­rungs­fonds (IWF) bekom­men: 3,2 Mil­li­ar­den US-Dol­lar (2,3 Mil­li­ar­den Euro). Ins­ge­samt wur­den 17 Mil­li­ar­den US-Dol­lar (12,35 Mil­li­ar­den Euro) zuge­sagt.
Am sel­ben Tag stimmte das Par­la­ment in Kiew dem Geset­zes­ent­wurf zum Ver­kauf von meh­re­ren hun­dert Staats­be­trie­ben zu. Es ging um sol­che aus den Bran­chen Berg­bau, Bau­ge­werbe, Land­wirt­schaft, Maschi­nen­bau, Che­mi­sche Indus­trie, Trans­port­we­sen, Finanz­we­sen und Ener­gie­wirt­schaft.
Der Aus­ver­kauf von Grund und Boden benö­tigte etwas mehr Zeit. Erst am 25. April 2020 konnte der Saat­gut­han­del DLF Voll­zug mel­den: „Nach jahr­zehn­te­lan­gen Dis­kus­sio­nen hat am 31. März 2020 das ukrai­ni­sche Par­la­ment das Ände­rungs­ge­setz zur gesetz­li­chen Rege­lung des Geschäfts­ver­kehrs mit land­wirt­schaft­li­chen Böden ver­ab­schie­det. Ab dem 1. Juli 2021 wird die Mög­lich­keit, mit Grund und Boden in der Ukraine zu han­deln, ein­ge­führt. Nach dem Inkraft­tre­ten die­ses Geset­zes am 1. Juli 2021 sind die Eigen­tü­mer von land­wirt­schaft­li­chen Böden berech­tigt, diese zu ver­kau­fen. Die land­wirt­schaft­lich genutz­ten Grund­stü­cke durf­ten zuvor von deren Eigen­tü­mern nur an dritte Per­so­nen ver­pach­tet werden.“

Minsk I und II

Am 5. Sep­tem­ber 2014 war Minsk I unter­zeich­net wor­den, ein Ver­trag, der an der Don­bass-Front einen Waf­fen­still­stand vor­sah. Er hielt nicht. Zu Minsk II kam es erst nach einer deut­li­chen Nie­der­lage der Kie­wer Trup­pen bei Debal­zewo, wo sie an der Kon­takt­li­nie einen Keil hat­ten bil­den kön­nen, um stra­te­gisch wich­tige Ver­kehrs- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wege zwi­schen Luhansk und Donezk zu blo­ckie­ren. Das ver­hin­der­ten aber die Volks­mi­li­zen der bei­den Don­bass-Repu­bli­ken, womög­lich unter­stützt durch rus­si­sche Kräfte. Die Kie­wer konn­ten zurück­ge­kämpft wer­den. Unter dem Ein­druck die­ser Nie­der­lage wurde am 18. Februar 2015 ein „Maß­nah­men­pa­ket für die Umset­zung der Mins­ker Ver­ein­ba­run­gen“ oder kurz „Minsk II“ unter­zeich­net. Das Abkom­men sollte den Krieg in der Ost­ukraine been­den und eine poli­ti­sche Lösung des Kon­flikts her­bei­füh­ren. Ver­ab­re­det war ein Waf­fen­still­stand, der Abzug schwe­rer Waf­fen, eine OSZE-Über­wa­chung, regio­nale Wah­len und die Abstim­mung über die Auto­no­mie die­ser Gebiete.
Garan­tiert wurde diese Ver­ein­ba­rung von Deutsch­land, Frank­reich, Russ­land und der Ukraine (plus die Don­bass-Repu­bli­ken über eine Kon­takt­gruppe). Und auf Antrag von Russ­land ver­ab­schie­dete der UN-Sicher­heits­rat ein­stim­mig am 17. Febuar 2015 den Minsk-II-Ver­trag als Reso­lu­tion 2202. Ver­geb­lich. Die OSZE regis­trierte allein im Jahr 2017 über 400.000 Ver­stöße. Bis 2022 kamen in die­sem ver­schwie­ge­nen Krieg 14.000 Men­schen ums Leben. Das Kie­wer Par­la­ment ver­wei­gerte bis zuletzt die Umset­zung von Minsk II. Der Krieg ging wei­ter. Russ­land erkannte am 21. Februar 2022 die Volks­re­pu­bli­ken Donezk und Lugansk völ­ker­recht­lich an und griff drei Tage spä­ter mit eige­nen Trup­pen mili­tä­risch ein.
Bis zu die­sem Zeit­punkt waren 1,1 Mil­lio­nen Men­schen nach Anga­ben des UNHCR in Nach­bar­län­der geflo­hen, die meis­ten davon, 900.000, nach Russ­land. Dar­über­hin­aus gibt es 1,4 Mio Binnenflüchtlinge.

Die Frage der Kriegsschuld

„Man kann nicht mit Bestimmt­heit sagen, ob der Krieg hätte ver­hin­dert wer­den kön­nen. Aber zwei­fel­los hät­ten ernst­hafte Ver­hand­lun­gen die Aus­sicht dar­auf deut­lich ver­bes­sert.“ So beur­teilte Gene­ral a.D. Harald Kujat acht Jahre spä­ter, am 12. Februar 2023, die Vor­gänge. Kujat war von 2000 bis 2002 als 13. Gene­ral­inspek­teur der Bun­des­wehr der rang­höchste Offi­zier der Bun­des­wehr gewe­sen und von 2002 bis 2005 Vor­sit­zen­der des NATO-Mili­tär­aus­schus­ses und damit auch des NATO-Russ­land-Rats.
Kujat wei­ter:

„Im Wesent­li­chen wäre es um einen Ver­zicht der Ukraine auf die Nato-Mit­glied­schaft und auf die Sta­tio­nie­rung ame­ri­ka­ni­scher und ande­rer west­li­cher Streit­kräfte auf ukrai­ni­schem Ter­ri­to­rium, die Bereit­schaft zu grö­ße­rer Trans­pa­renz bei den ame­ri­ka­ni­schen Sys­te­men des Nato-Rake­ten­ab­wehr­sys­tems und um grö­ßere Min­der­heits­rechte für die rus­sisch­spra­chige Bevöl­ke­rung im Don­bass, also die Rea­li­sie­rung des Minsk II-Abkom­mens, gegangen.“

„Eine wesent­li­che Ursa­che für die­sen Krieg ist die Tat­sa­che, dass die Ukraine ihre Ver­pflich­tung aus dem Minsk II-Abkom­men nicht erfüllt hat. Ver­ein­bart war, dass die ukrai­ni­sche Regie­rung der rus­sisch­spra­chi­gen Min­der­heit im Don­bass bis Ende 2015 durch eine Ver­fas­sungs­än­de­rung grö­ßere Auto­no­mie gewährt und ihnen Min­der­heits­rechte zuge­steht, die in der Euro­päi­schen Union die Regel sind.“

Und Kujat bezog sich auf Angela Mer­kel, die „kürz­lich erklärt habe, dass sie diese Ver­ein­ba­rung ver­mit­telt hät­ten, um der Ukraine Zeit zu ver­schaf­fen, die diese für die Auf­rüs­tung der ukrai­ni­schen Streit­kräfte genutzt hat.“
Kiew hatte kon­se­quent die Umset­zung von Minsk II ver­wei­gert. Statt­des­sen dekre­tierte Selen­ski am 24. März 2021 die „Been­di­gung der Beset­zung der Krim und des Don­bass“. Er kon­zen­trierte Mili­tär und faschis­ti­sche Mili­zen an der soge­nann­ten Kon­takt­li­nie. Die­ser Vor­gang wurde von den Garan­tie­mäch­ten Deutsch­land und Frank­reich nicht wei­ter kom­men­tiert. Die Ver­wei­ge­rungs­hal­tung von Kiew wurde nicht etwa als Skan­dal behan­delt, son­dern diplo­ma­tisch abge­schirmt. Die NATO rüs­tete die Ukraine statt­des­sen nach Kräf­ten auf.

Krieg um die Ukraine

Aus den Kämp­fen um den Don­bass wird ein Krieg um die Ukraine. Die Welt staunt über deut­sche Omni­po­tenz- und Ver­nich­tungs­phan­ta­sien. Außen­mi­nis­te­rin Baer­bock tut sich beson­ders her­vor. Frie­dens­ideen dage­gen blei­ben rar. Die Ver­än­de­rung der glo­ba­len Macht­ver­hält­nisse zu erken­nen, neue diplo­ma­ti­sche Spiel­räume für einen fried­li­chen Inter­es­sen­aus­gleich zu nut­zen, vor allem Kriegs­hetze zu ver­mei­den – das über­steigt immer noch die Kom­pe­ten­zen unse­res Regie­rungs­per­so­nals. Wie­der ein­mal folgt die deut­sche Poli­tik den Lockun­gen des mili­tä­risch-indus­tri­el­len Kom­ple­xes. In der Hoff­nung, die Wid­rig­kei­ten der Über­pro­duk­ti­ons­krise durch Kriegs­ge­winne ver­mei­den zu kön­nen, mar­schiert sie stracks Rich­tung Welt­krieg.
Die Kün­di­gung von Abrüs­tungs- und Rüs­tungs­be­gren­zungs­ab­kom­men durch die USA sind auf rus­si­scher Seite selbst­ver­ständ­lich nicht als Frie­dens­ges­ten ver­stan­den wor­den. Sie hat­ten ent­spre­chend unfreund­li­che Fol­gen. Der Ukrai­ne­krieg wird weder durch cha­rak­ter­li­che Män­gel, die Putin zuge­schrie­ben wer­den, noch von uneu­ro­päi­schen Zivi­li­sa­ti­ons­de­fi­zi­ten der Rus­sen ver­ur­sacht. Und der Krieg wird nicht durch immer grö­ßere Knüp­pel been­det wer­den, son­dern durch aus­ge­han­delte Kom­pro­misse.
EU und NATO schwei­gen hart­nä­ckig, aber ver­geb­lich zum Ban­dera-Kult, über die ukrai­ni­sche Zusam­men­ar­beit mit der faschis­ti­schen Wehr­macht und der Betei­li­gung an der Juden­ver­nich­tung. Der Mai­dan-Putsch, die Pri­va­ti­sie­run­gen, nicht zuletzt der Aus­ver­kauf von Grund und Boden, Armut und Kor­rup­tion, das Ver­bot der rus­si­schen Spra­che haben die Ukraine geteilt und ein Drit­tel der Bevöl­ke­rung des Lan­des mut­wil­lig zum Feind erklärt.
Ange­sichts die­ser Lage gießt die Bun­des­re­gie­rung immer wie­der Öl ins Feuer. Gera­dezu panik­ar­tig bremst sie gegen­wär­tig zusam­men mit ande­ren NATO-Regie­run­gen jede Frie­dens­in­itia­tive. Ihr Rezept heißt Sank­tio­nen, Ulti­ma­ten und Lie­fe­rung wei­te­rer Waf­fen. Der Krieg ist ein­fach ein zu gutes Geschäft. Scham­los stüt­zen pri­vate und öffent­lich-recht­li­che Medien den Kriegs­kurs. Die apo­dik­ti­sche Flos­kel „Putins Angriffs­krieg“ kann die lang­fris­ti­gen aggres­si­ven NATO-Ziele aber nicht verbergen.

Die Ukraine kämpft im Auf­trag und auf Rech­nung der NATO-Staaten

Allein von Januar bis Juni 2015 sind Rüs­tungs­export­ge­neh­mi­gun­gen von 6,35 Mrd Euro erteilt und damit schon der Gesamt­wert von 2014 erreicht gewe­sen. Von März bis Sep­tem­ber 2015 ver­an­stal­tete die NATO min­des­tens 13 Manö­ver nahe der rus­si­schen Grenze. Am 31. August begann das Mari­ne­ma­nö­ver „Sea Breeze“ im Schwar­zen Meer.
Beson­de­res Gewicht hatte das Groß­ma­nö­ver TRIDENT JUNC­TURE, das ab dem 28. Sep­tem­ber 2015 einen Mehr­fron­ten­krieg simu­lierte. Im Laufe des Jah­res wur­den mehr als 5.200 deut­sche Sol­da­ten in die ost­eu­ro­päi­schen NATO-Staa­ten geschickt.
Die NATO-Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter beschlos­sen eine Auf­sto­ckung der Ein­greif­truppe NATO Response Force (NRF) von 13.000 auf 40.000 Mann. Deren luft­ge­stützte Steue­rung erfolgt von Kalkar/Uedem aus.
In Kal­kar ist außer­dem das mul­ti­na­tio­nale Joint Air Power Com­pe­tence Centre (JAPCC) unter­ge­bracht, eine Pla­nungs­gruppe, die Sze­na­rien für die Krieg­füh­rung mit kon­ven­tio­nel­len und Atom­waf­fen ent­wi­ckeln soll. Die Tagung von 2014 hatte einen gro­ßen Krieg in Europa für mög­lich und durch­führ­bar erklärt.
Schon auf der NATO-Bera­tung Ende Juni 2015 ging es um die „Anpas­sung“ der NATO-Nukle­ar­stra­te­gie. Drei Wochen zuvor hatte Poro­schenko ein Gesetz ver­ab­schie­den las­sen, das „die Bedin­gun­gen der Streit­kräfte ande­rer Staa­ten auf dem Ter­ri­to­rium der Ukraine“ regelt. In Arti­kel 4 heißt es: „Poten­ti­elle Trä­ger von Kern­waf­fen und ande­ren Arten von Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fen wer­den nach inter­na­tio­na­len Abkom­men der Ukraine für eine Sta­tio­nie­rung auf Zeit in der Ukraine erlaubt, sofern die geeig­nete Steue­rung hin­sicht­lich der Sta­tio­nie­rung auf dem Ter­ri­to­rium der Ukraine durch die Ukraine selbst gesi­chert ist.“ (zitiert nach Ralph Hart­mann im „Ossietzky“ 162015)
(Die letz­ten Absätze waren Gegen­stand der Dis­kus­sion schon auf unse­rer Bezirks­de­le­gier­ten­kon­fe­renz im Sep­tem­ber 2015.)
Seit dem 1. April 2025 ist eine Pan­zer­bri­gade der Bun­des­wehr dau­er­haft in Litauen an der Grenze zu Russ­land sta­tio­niert. Die Bri­gade umfasst 4800 Sol­da­ten sowie 200 zivile Ange­hö­rige der Bun­des­wehr. Sie wer­den mit 44 Kampf­pan­zern, 44 Schüt­zen­pan­zern, 18 Pan­zer­hau­bit­zen und 65 leicht gepan­zerte Späh­wa­gen aus­ge­rüs­tet. Pis­to­rius hatte im Juni 2023 die Neu­auf­stel­lung und dau­er­hafte Sta­tio­nie­rung der Kampf­bri­gade in Litauen als „Leucht­turm­pro­jekt der Zei­ten­wende“ angekündigt.

Moder­ni­sie­rung der Arsenale

In Büchel lagern 10 bis 20 US-ame­ri­ka­ni­sche Atom­waf­fen. Die wer­den gegen­wär­tig abge­zo­gen und gegen moder­nere aus­ge­tauscht. Die neue, lenk­bare, „smarte“ Ver­sion hört auf den schö­nen Namen B61‑1. Ins Ziel wür­den sie von Bun­des­wehr-Tor­na­dos (bis vor kur­zem) geflo­gen wer­den. Das war die erste Auf­gabe, die sich aus der „Nuklea­ren Teil­habe“ ergibt. Die zweite ist die Mit­ar­beit der Bun­des­wehr in der „Nuklea­ren Pla­nungs­gruppe der NATO“.
Für die neuen Bom­ben sind neue Trä­ger­sys­teme erfor­der­lich. Künf­tig wer­den die US-Atom­waf­fen von F‑35-Tarn­kap­pen­bom­bern ins Ziel gebracht wer­den. Diese F‑35 sol­len in den USA gekauft und Teile davon von Rhein­me­tall her­ge­stellt wer­den. Die Kos­ten der neuen Geräte betra­gen rund 10 Mil­li­ar­den Euro.
Wegen neuer Bom­ben und Trä­ger­sys­teme sind zudem Umbau­maß­nah­men in Büchel fäl­lig. Das kos­tet noch ein­mal 2 Mil­li­ar­den Euro. Wegen des Umbaus ist der Stand­ort Büchel gegen­wär­tig geschlos­sen. Folg­lich fin­den zur Zeit die regel­mä­ßi­gen Atom­kriegs­übun­gen „Stead­fast Noon“ von Nör­ve­nich aus statt. Der Lärm, der dabei ent­steht, geht uns in Köln gehö­rig auf die Ner­ven. Die Demons­tra­tion am 11. Okto­ber, 12.00 Uhr in Nör­ve­nich wird wei­tere Ohren hell­hö­rig machen.

Dark Eagle

Das neu­este Waf­fen­sys­tem heißt Dark Eagle (siehe FAZ 23. August 2025). Dabei han­delt es sich um eine Hyper­schall­ra­kete, min­des­tens fünf mal schnel­ler als der Schall. Erste Exem­plare wol­len die USA schon bis Ende Sep­tem­ber sta­tio­nie­ren. Damit erwei­tern sie ihre Mög­lich­kei­ten zu wei­ter­rei­chen­den Angrif­fen: die hohe Geschwin­dig­keit und die schwer vor­her­seh­ba­ren Flug­kur­ven machen eine Ver­tei­di­gung schwie­rig. Inner­halb einer Stunde soll jedes Ziel auf der Welt getrof­fen wer­den kön­nen. Dark Eagle hat eine Reich­weite von 2775 Kilo­me­tern. Mit­tels Kom­bi­na­tion aus Geschwin­dig­keit, Genau­ig­keit, Manö­vrier- und Über­le­bens­fä­hig­keit die­ses Geräts ver­spricht sich das Pen­ta­gon die Zer­stö­rung feind­li­cher Kapa­zi­tä­ten – dar­un­ter Ver­tei­di­gungs- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­teme, Lang­stre­cken­waf­fen oder andere kri­ti­sche Ziele.

Typhon

Vor einem Jahr, am 10. Juli 2024, erklär­ten Bun­des­kanz­ler Scholz und der dama­lige US-Prä­si­dent Biden, dass bis 2026 hier­zu­lande US-Mit­tel­stre­cken­waf­fen unter US-Kom­mando sta­tio­niert wer­den. Nun beab­sich­tigt die Bun­des­re­gie­rung, selbst ein neues Rake­ten­sys­tem zu erwer­ben, da die USA offen­bar zögern.
Das „Typhon»-System von Lock­heed Mar­tin besteht aus vier mobi­len Abschuss­con­tai­nern, einer Befehls­ein­heit und Unter­stüt­zungs­fahr­zeu­gen. Die Abschuss­con­tai­ner kön­nen sowohl „Tomahawk»-Marschflugkörper als auch „SM‑6″-Raketen star­ten – also genau die Rake­ten­ty­pen, deren Sta­tio­nie­rung im ver­gan­ge­nen Jahr von Scholz ange­kün­digt wor­den war.
Die „Toma­hawks» haben eine Reich­weite von min­des­tens 2.000 Kilo­me­tern und könn­ten Ziele tief inner­halb Russ­lands tref­fen. Die „SM‑6″-Raketen kön­nen zur Flug- und Rake­ten­ab­wehr ein­ge­setzt wer­den, aber auch offen­siv gegen Land- und See­ziele.
Am 23. Juli war in der jW eine Ein­schät­zung von Jür­gen Wag­ner zu lesen. Mit dem »Typhon« greife die Bun­des­re­gie­rung nach einem Waf­fen­sys­tem, des­sen Sta­tio­nie­rung der auf­ge­kün­digte INF-Ver­trag unter­sagt hatte. Das »Typhon«-Waffensystem sei für Angriffe tief im rus­si­schen Hin­ter­land gera­dezu prä­de­sti­niert. Weder »Toma­hawk« noch SM‑6 seien – zumin­dest auf abseh­bare Zeit – ato­mar bestück­bar. „Das »Ent­schei­dende«, so wird Pis­to­rius zitiert, sei »die Reich­weite die­ser Waf­fen­sys­teme«, die »deut­lich grö­ßer« sei als alles, was bis­lang in Europa ver­füg­bar sei, wodurch eine wich­tige Fähig­keits­lü­cke geschlos­sen würde.“
Wag­ner: „Tat­säch­lich han­delt es sich hier­bei im Gegen­satz zu den bereits in gro­ßer Zahl vor­han­de­nen luft- oder see­ba­sier­ten Mit­tel­stre­cken­waf­fen um land­ge­stützte Sys­teme, die aus gutem Grund bis zur US-Auf­kün­di­gung des INF-Ver­tra­ges im Februar 2019 ver­bo­ten waren – denn see- und luft­ge­stützte Waf­fen brau­chen län­ger, um ihr Ziel zu errei­chen, und damit bleibt Zeit für die Lage­fest­stel­lung und für einen etwa­igen Gegen­schlag. Sie sind damit per se nur bedingt offen­siv für Über­ra­schungs­an­griffe auf stra­te­gi­sche Ziele (Radar­an­la­gen, Rake­ten­si­los, Kom­man­do­zen­tra­len) geeig­net – ganz im Gegen­teil zu den land­ge­stütz­ten Sys­te­men, an denen sich Deutsch­land nun inter­es­siert zeigt.“ Clau­dia Major, damals noch für die regie­rungs­be­ra­tende „Stif­tung Wis­sen­schaft und Poli­tik“ tätig, habe schon im ver­gan­ge­nen Jahr im Han­dels­blatt aus dem offen­si­ven Cha­rak­ter die­ser Waf­fen kei­nen Hehl gemacht. Im Ernst­fall müss­ten NATO-Staa­ten »auch selbst angrei­fen kön­nen, zum Bei­spiel, um rus­si­sche Rake­ten­fä­hig­kei­ten zu ver­nich­ten, bevor diese NATO-Gebiet angrei­fen kön­nen.“
Jür­gen Wag­ner berich­tet, Russ­land habe auf diese Ent­wick­lung bereits reagiert. Da sich die Zeit­fens­ter für die Lage­fest­stel­lung dras­tisch redu­zie­ren, wurde mit Prä­si­den­ten­er­lass Nr. 991 im Novem­ber 2024 die nukleare Ein­satz­schwelle gesenkt – es kann jetzt, kurz gesagt, frü­her »auf Ver­dacht« zurück­ge­schos­sen wer­den. Und nahezu zeit­gleich wurde erst­mals eine rus­si­sche Mit­tel­stre­cken­waffe (»Ore­sch­nik«) in der Ukraine ein­ge­setzt. Da das gleich­zei­tige rus­si­sche Ange­bot, zu einem Ver­bot land­ge­stütz­ter Mit­tel­stre­cken­waf­fen zurück­zu­keh­ren, vom »Wes­ten« erst gar nicht beant­wor­tet wurde, sind inzwi­schen die Pro­duk­tion und Sta­tio­nie­rung die­ser und ande­rer Mit­tel­stre­cken­waf­fen ange­kün­digt wor­den. So sol­len bis Ende 2025 zum Bei­spiel »Oreschnik«-Systeme in Bela­rus sta­tio­niert wer­den.
Clau­dia Haydt von der Infor­ma­ti­ons­stelle Mili­ta­ri­sie­rung (IMI) kommentiert:

„Je mehr ein­satz­be­reite Waf­fen mit immer kür­ze­rer Vor­warn­zeit auf bei­den Sei­ten vor­han­den sind, umso mehr wächst das Risiko eines glo­ba­len Krie­ges und die Sicher­heits­lage ver­bes­sert sich somit nicht, son­dern wird immer vola­ti­ler. Jeder Sta­tio­nie­rungs­ort ist poten­ti­ell zugleich Aus­gangs­punkt und Ziel von Angriffen.“

Der deut­sche Griff nach der Atombombe

Schon 1956, zu Zei­ten von Franz Josef Strauß, ging es um ato­mare Begehr­lich­kei­ten der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­lands. Eine starke Anti­atom­be­we­gung und inter­na­tio­nale Beden­ken konn­ten damals Gren­zen set­zen.
Aber 2007 wollte der fran­zö­si­sche Prä­si­dent Sar­kozy mit sich reden las­sen, wenn von der ande­ren Rhein­seite eine hin­rei­chende finan­zi­elle Betei­li­gung zu erwar­ten sei. Damals zierte sich Ber­lin noch. Der ein­schlä­gige Rode­rich Kie­se­wet­ter fragte spä­ter den Wis­sen­schaft­li­chen Dienst des Deut­schen Bun­des­ta­ges nach völ­ker­recht­li­chen Hin­der­nis­sen, die einer Ko-Finan­zie­rung von Atom­waf­fen durch Deutsch­land im Wege ste­hen.
Dabei geht es um drei Ver­träge. – Nein, es gebe kein Finan­zie­rungs- und Unter­stüt­zungs­ver­bot für aus­län­di­sche Atom­waf­fen­po­ten­tiale, so kann man die Ant­wort knapp zusam­men­fas­sen.
Clau­dia Haydt (IMI, 28. Novem­ber 2024) macht auf eine Pro­to­koll­no­tiz auf­merk­sam, die Deutsch­land 1974 bei der Unter­zeich­nung des Nicht­ver­brei­tungs­pak­tes hin­ter­legt hat: Keine ein­zige Rege­lung des Ver­trags dürfe so inter­pre­tiert wer­den, dass sie eine euro­päi­sche Eini­gung und beson­ders eine Euro­päi­sche Union mit ent­spre­chen­den Atom­waf­fen-Kom­pe­ten­zen ein­schränke.
Auch der wis­sen­schaft­li­che Dienst gut­ach­tete mit Datum vom 23. Mai 2017, dass eine nukleare Teil­habe nicht aus­ge­schlos­sen sei. Aber in Wahr­heit ver­langt schon der Nicht­ver­brei­tung­pakt von 1968 (ers­tens) einer­seits von den Nicht­nu­kle­ar­staa­ten den Ver­zicht und ande­rer­seits von den Nukle­ar­mäch­ten die Nicht­wei­ter­gabe. Von Teil­habe ist da also nicht die Rede. Mit (zwei­tens) dem „Zwei-Plus-Vier-Ver­trag“ vom 12. Sep­tem­ber 1990 ver­zich­tet die BRD ohne­hin völ­ker­rechts­ver­bind­lich auf den Besitz von Atom­waf­fen.
Am 7. Juli 2017 war (drit­tens) der Atom­waf­fen­ver­bots­ver­trag mit gro­ßer Mehr­heit von den Ver­ein­ten Natio­nen ange­nom­men wor­den. Er ent­hält ein voll­stän­di­ges Ver­bot der Lage­rung, der Pro­duk­tion, des Ein­sat­zes, des Trans­ports und selbst der Finan­zie­rung von Atom­waf­fen. Die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land hat den Ver­trag bis heute nicht rati­fi­ziert. Sollte das gesche­hen, müss­ten die US-Atom­waf­fen abge­zo­gen wer­den, euro­päi­sche Optio­nen wären vom Tisch, Trans­porte durch den deut­schen Luft­raum und die Finan­zie­rung von Atom­waf­fen durch deut­sche Finanz­in­sti­tute wären rechts­wid­rig.
Aber auch hier sah der Wis­sen­schaft­li­che Dienst 2017 eine Hin­ter­tür: „Im Ergeb­nis schließt die feh­lende Staats­pra­xis eine Mög­lich­keit zur Finan­zie­rung aus­län­di­scher Atom­waf­fen­po­ten­tiale recht­lich nicht aus. Auch aus dem all­ge­mei­nen Völ­ker­recht ergibt sich der­zeit kein Finan­zie­rungs- und Unter­stüt­zungs­ver­bot für aus­län­di­sche Atom­waf­fen­po­ten­tiale.“
„Ein euro­päi­sches Nukle­ar­waf­fen­pro­gramm wäre legal, besagt eine deut­sche Prü­fung.“ lau­tete das Fazit der New York Times am 5. Juli 2017 .

Ukraine zer­stört Früh­warn­sys­teme und stra­te­gi­sche Bomber

Unter­des­sen beun­ru­hi­gen abseits von der Front und jen­seits der öffent­li­chen Auf­merk­sam­keit, ukrai­ni­sche Sabo­tage-Aktio­nen an Früh­warn­sys­te­men rus­si­scher Nukle­ar­streit­kräfte und an stra­te­gi­schen Bom­bern.
Am 26. Mai ver­gan­ge­nen Jah­res haben ukrai­ni­sche Droh­nen nahe Arma­wir im Bezirk Kras­no­dar eine stra­te­gi­sche Früh­warn­sta­tion der Nukle­ar­streit­kräfte beschä­digt.
Und erst vor acht Wochen, am 1. Juni 2025, wur­den in den Gebie­ten Mur­mansk und im ost­si­bi­ri­schen Irkutsk stra­te­gi­sche Bom­ber der Typen Tu-22 und Tu-95 zer­stört. Über das Aus­maß und die Anzahl gibt es unter­schied­li­che Anga­ben. Sol­che Nach­rich­ten gehen im Meer der Kriegs­mel­dun­gen unter.
Es geht in der Tat schon um einen ande­ren Krieg, näm­lich einen künf­ti­gen Nukle­ar­krieg. Wäre doch der NATO-Erst­schlag nur dann wirk­sam und nicht selbst­mör­de­risch, wenn der rus­si­sche Zweit­schlag ver­hin­dert wer­den könnte.

Für eine umfas­sende Friedensordnung

Die NATO unter Füh­rung der USA hat sys­te­ma­tisch stra­te­gi­sche Bedro­hun­gen gegen Russ­land auf­ge­baut. Noch wenige Tage vor dem rus­si­schen Ein­marsch am 24. Februar 2022 wurde auf der Mün­che­ner Sicher­heits­kon­fe­renz von einer beab­sich­tig­ten Sta­tio­nie­rung von Atom­waf­fen in der Ukraine gespro­chen.
Säbel­ras­seln der NATO an der Grenze Russ­lands, Auf­rüs­tung plus NATO-Per­spek­tive für die Ukraine, poli­ti­sche und mili­tä­ri­sche Unter­stüt­zung des Kie­wer Kriegs gegen den Don­bass, fol­gen­lose Ver­stösse gegen das Mins­ker Abkom­men, nament­lich die jah­re­lange Ver­wei­ge­rung eines Auto­no­mie­sta­tus für die Don­bass-Repu­bli­ken, Selen­skis Dekret vom 24. März 2021 und die Kon­zen­tra­tion mili­tä­ri­scher Kräfte an der soge­nann­ten Kon­takt­li­nie – das alles gehört zum mili­tä­ri­schen Gesamt­bild Anfang 2022. Auch die NATO hat nicht mehr die Frage gestellt, ob, son­dern wann Russ­land die mili­tä­ri­sche Initia­tive ergreift. Am 24. Februar 2022 erfolgte sie in Gestalt einer Spe­zial-Mili­tär­ak­tion, wie die rus­si­sche Seite sie nennt. Ein Sieg schien sicher, lässt aber auf sich war­ten. Auf der Gegen­seite zeigt die NATO sich weni­ger am Schick­sal der Ukraine als an der Fort­dauer des Krie­ges inter­es­siert.
Der Pro­test gegen die Mit­tel­stre­cken­ra­ke­ten hat in den acht­zi­ger Jah­ren viele Men­schen bewegt. Das damals erreichte poli­ti­sche Niveau von Auf­klä­rung und Mas­sen­be­we­gung wäre heute mehr­fach fäl­lig. Der Atom­krieg ist näher gerückt. Stra­te­gen, die diese Vor­gänge als erwünschte Abschre­ckung deu­ten, leug­nen die Risi­ken, nicht nur durch die Kürze der Reak­ti­ons­fris­ten.
Ich erin­nere an ein bekann­tes ein­schlä­gi­ges Ereig­nis: am 26. Sep­tem­ber 1983, mel­de­ten wenige Minu­ten nach Mit­ter­nacht die Warn­lam­pen im Serpuchow-15-Bun­ker bei Mos­kau, dass meh­rere US-ame­ri­ka­ni­sche Atom­ra­ke­ten sich auf rus­si­sche Ziele zube­we­gen. Sta­nis­law Petrow, ein Oberst­leut­nant, behielt die Ner­ven, konnte den Alarm als Fehl­alarm einstufen.

Die kapi­ta­lis­ti­sche Welt lebt auf Pump. Der Welt-Schul­den­berg wuchs laut dem Insti­tute of Inter­na­ti­onl Finance (IIF) im ers­ten Quar­tal 2025 um 7,5 Bil­lio­nen Dol­lar und erreichte die Summe von 324 Bil­lio­nen Dol­lar, das ist mehr als die Summe der Werte, die im Zeit­raum von drei Jah­ren auf dem gesam­ten Glo­bus erar­bei­tet wer­den.
Die Schul­den wach­sen, es schwin­den aber die Gele­gen­hei­ten, sie abzu­tra­gen. Folg­lich ist Ent­wer­tung fäl­lig, plötz­lich oder peu à peu, groß oder klein, mein Kapi­tal oder deins. Die dem Kapi­ta­lis­mus gemäße Form der Kapi­tal­ver­nich­tung ist der Krieg. Nach zwei Welt­krie­gen soll­ten wir das wis­sen. Im drit­ten sie­gen die Amö­ben.
Die zivile und zivi­li­sierte Alter­na­tive sind Schul­den­schnitte zusam­men mit ent­schlos­se­nen und weit gefass­ten Frie­dens­re­ge­lun­gen, Ver­ein­ba­run­gen zu Rüs­tungs­be­gren­zung und Abrüs­tung. Lange fäl­lig ist die Rati­fi­zie­rung des Atom­waf­fen­ver­bots­ver­trags durch den Bun­des­tag und drin­gend der Auf­stand gegen die Sta­tio­nie­rung der Mittelstreckenraketen.

Klaus, MV der DKP Köln-Innen­stadt, 25. August 2025


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